Wichernheim Heidelberg

"Barber Angels" kamen ins Wichernheim

Gratis-Friseure sollen Bedürftigen Selbstbewusstsein vermitteln

„Das ist eigentlich kein normales Leben mehr“, sagt Dagmar Hausmann über ihre Notlage – Geld für einen Friseur habe sie keines. Willkommen ist daher für sie das Angebot der „Barber Angels“. Die besuchten am Sonntag die Obdachlosenunterkunft „Wichernheim“ in der Plöck und schnitten zum ersten Mal in Heidelberg die Haare Bedürftiger, etwa der von Wohnungslosigkeit oder Altersarmut Betroffenen. Mit dabei war Claus Niedermaier, Gründer und Präsident der „Barber Angels“ – jeden Ersteinsatz begleitet ein Gründungsmitglied. „Wir schenken Menschen, die sich den Luxus des Haarschnitts nicht leisten können, die Dienstleistung, um ihnen Würde und Selbstvertrauen zu geben“, so Niedermaier. Er erwartet circa hundert Kunden – damit keine „Nutznießer“ kämen, kündige man die Einsätze nur in den sozialen Einrichtungen selbst an.

Nach einer Stunde stehen über dreißig Interessierte auf der Haarschneideliste. Karl-Heinz Metzler ist einer von ihnen: Er ist mit einem Rauschebart und kinnlanger Mähne hineingegangen und nun glücklich mit seinem Kurzhaarschnitt und ohne Bart. „Wenn mir das morgen im Spiegel auch noch gefällt, dann kaufe ich mir von meiner Rente ein Schneidegerät.“ Drei Stunden dauert ein Einsatz der Friseure. Auch hier fängt der Besuch mit Beratung und Frisurkonzept an. Anders als im Salon tragen die Mitarbeiter aber eine schwarze, bestickte Lederkluft, die an die Kleidung einer Bikergang erinnert. Es gehe darum, Vertrauen aufzubauen und sich nicht durch schicke Kleidung abzugrenzen, meint Niedermaier: „Ich möchte Friseure davon abhalten, gegenüber Bedürftigen in Modegeklimper aufzutreten.“ Die Arbeit solle im Vordergrund stehen, die Person dahinter zurücktreten.

Der Verein wird am kommenden Mittwoch drei Jahre alt, damals waren es zehn, heute sind es über vierhundert Mitglieder. Die Idee der Verbreitung, erklärt Niedermaier, sei Jahrtausende alt: Man gehe in eine Stadt, suche Gleichgesinnte und mache die zu „Aposteln“, die dann weitere um sich sammelten.

Andreas Drotleff trägt den Namen „Franky“, wenn er als „Barber Angel“ Haare schneidet. Lederkluft und falscher Name könnten aber nicht immer für Distanz zu dem Schicksal des Bedürftigen sorgen: „Es geht dir doch nah, du kannst dich nicht ganz davor schützen.“ Drotleff ist Apostel und „Zenturio“, als solcher ist er zuständig für die Einsätze in Süd-Baden-Württemberg. Nach einem Ersteinsatz kommen die „Barber Angels“ alle drei bis vier Monate wieder, das ist ebenso Teil des Nachhaltigkeitsgedankens wie die Geschenktüte mit Pflegeprodukten, die jeder nach einem Haarschnitt mitnehmen darf. Es gehe darum, „einen Moment des Glücks zu schenken“, sagt Drotleff, doch für ihn steckt noch mehr dahinter: „Der Haarschnitt ist die Krücke zum Zugang zu Menschen.“ Auch Niedermaier betont „die Macht des Haarschnitts“: Die Frisur bestimme das Auftreten nach außen, manche Bedürftige würden ja schon durch ihr Aussehen ausgegrenzt.

„Man fühlt sich einfach attraktiver, man sieht normaler aus“, erklärt Dagmar Hausmann nach ihrem Friseurbesuch. Sie habe sehr genossen, sich „einfach mal normal zu fühlen“. Ihr Pony hängt ihr nun nicht mehr bis ins Gesicht:„Endlich mal wieder eine Frisur.“

Quelle: Rhein- Neckar- Zeitung Online, 26.11.2019

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